„Schritte in Richtung große Veränderungen“
Ein Erfahrungsbericht von Katherine Cortes zur Hamburg Exkursion 2023
Ich bin Katherine Cortes und stamme aus Kolumbien, einem Land mit ganz anderen gesellschaftlichen, sozialen und politischen Gegebenheiten als Deutschland. Diese Unterschiede sowie die sozio-ökonomischen Herausforderungen meines Heimatlandes haben mein Interesse an gesellschaftlichen Themen geweckt. Aus diesem Grund habe ich mich für ein Studium der Politikwissenschaft entschieden und mich im Master auf politische Ökonomie und Internationale Beziehungen spezialisiert. Da ich in einem von Kolonialismus geprägten Land aufgewachsen bin und aufgrund meines langjährigen Aufenthalts in einem von Kolonialismus profitierenden Land, hat mich das STUBE Seminar über Kolonialismus und den Globalen Handel in Hamburg besonders interessiert.
Der Besuch im Hafen und die Auseinandersetzung mit der Geschichte der dort verübten Verbrechen haben mich stark beeindruckt. Es ist beispielsweise bemerkenswert, dass viele der Schiffe, die zur Ausführung des Völkermords an den Herero und Nama in das heutige Namibia entsandt wurden, aus Hamburg abgefahren sind. Doch was mich am meisten während dieser Exkursion berührte, war der Besuch des Museums am Rothenbaum. Dort erlangte ich Einblicke in die Geschichte von Rudolf Duala Manga Bell und seine bedeutende Rolle in der Unabhängigkeitsgeschichte Kameruns.
Dieser Besuch regte einerseits eine Auseinandersetzung mit dem Menschenbild an, das durch den Kolonialismus verbreitet wurde. Die Häuptlinge König Bell und König Akwa aus Douala hatten mit anderen regionalen Gruppen einen rechtlichen Vertrag entwickelt, um die Handelsbeziehungen zu verbessern. Dieser Vertrag wurde mit großer Bewunderung für das deutsche Rechtssystem verfasst, führte jedoch zu Beginn der deutschen kolonialen Herrschaft. Dies steht im Widerspruch zum verallgemeinerten Bild von hilflosen und ungebildeten Menschen in den Kolonien.
Andererseits löste der Besuch eine intensive Reflexion über die Rolle von Bildung und individuellen Handlungen aus, die zu Veränderungen führen können. Rudolf Manga Bell, der in Deutschland ausgebildet wurde, spielte eine entscheidende Rolle im Widerstand gegen die unrechtmäßige Vertreibung. Sein Beitrag war maßgeblich dafür verantwortlich, dass Kamerun seine Unabhängigkeit später erlangte. Dies verdeutlicht, wie der Beitrag eines Menschen, der Zugang zu Bildung und Kontakten zu einflussreichen Menschen, dazu beitragen konnte, weitere Bewegungen gegen die deutsche Herrschaft zu fördern. Diese Geschichte ist für mich von großer Bedeutung, da sie zeigt, dass unsere Länder im globalen Süden von unserer internationalen Ausbildung, unserem Wissen und unserer Expertise profitieren können. Wir können dazu beitragen, das kleine aber bedeutende Schritte in Richtung große Bewegungen und Veränderungen unternommen werden.
Autorin: Katherine Cortes, Politikwissenschaftlerin und Masterstudentin der Ökonomie und Internationale Beziehungen aus Kolumbien