Global oder Lokal? Nur eine Sache der richtigen Fragestellung

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INTERNATIONAL – TRANSNATIONAL – GLOBAL – LOKAL

Im Rahmen der STUBE-Arbeit und bei STUBE- Veranstaltungen sprechen wir viel über internationale Herausforderungen oder globale Lösungsansätze. Aber was meinen wir eigentlich, wenn wir von „international – transnational- global“ sprechen? Ich glaube, ein gemeinsames Verständnis über das, was global im Kontext unserer Seminare heißt, ist grundlegend. Daher nun ein kleiner Erläuterungsversuch.

Eve Darian-Smith und Philip C. McCarty beschreiben in ihrem Buch „The Global Turn – Theories, research designs, and methods for global studies“ den Unterschied zwischen diesen drei Begriffen folgendermaßen:

International beschreibt die Interaktion zwischen Nationen – so wie es das Wort selbst schon besagt. Transnational – ein Begriff der nicht so oft im allgemeinen Sprachgebrauch verwendet wird – hingegen beschreibt die Interaktion über die staatliche Ebene hinaus. Er umfasst z.B. die Interaktion zwischen der Zivilbevölkerung, zwischen Unternehmen oder Universitäten. Die beiden Begriffe verbindet die Nation bzw. der Nationalstaat als kleinste geopolitische, sowie gesellschaftliche Ordnungseinheit. Das Konzept des Nationalstaats ist jedoch noch gar nicht so alt. Erst im 19. Jahrhundert wurden Nationen im europäischen Raum Schritt für Schritt gegründet. Den souveränen Nationalstaat – so wie wir ihn heute kennen – der durch Passdokumente und Grenzen gekennzeichnet ist, gibt es erst seit etwa 200 Jahren.

Global beinhaltet die inter- und transnationale Dimension, umfasst aber gleichzeitig auch Prozesse, Beziehungen und Wissen, die nicht durch nationale Grenzen begrenzt sind. Ein Beispiel für einen solchen Prozess ist z.B. die Klimakatastrophe.

Das Globale gibt uns also eine Alternative, einen neuen Blickwinkel um soziale Beziehungen und Verhaltensweisen zu denken. Es erlaubt uns über die Grenzen der Nationen und dessen Konzept von Souveränität, Territorium und Nationalismus hinaus die Welt zu begreifen. Es hinterfragt die Weltanschauung und Vorstellungen von Industriestaaten in dem das Globale diese Überzeugung zu einer von vielen macht. Westliche Perspektiven werden durch andere Religionen, Vorstellungen von Ästhetik, Ethik, Werten sowie Seins- und Kommunikationsweisen kontrastiert und ergänzt.

Im Gegensatz zu dem Ansatz, in dem global als ein Synonym für die Globalisierung, wirtschaftliche transnationale Interaktionen oder eine geopolitische Größeneinheit genutzt wird, schlagen Darian-Smith und McCarty vor, dass das Globale nicht nur auf der „Makro-Ebene“, d.h. auf staatlicher Ebene stattfindet, sondern auch im Lokalen- dem Zwischenmenschlichen. Das Lokale und das Globale bedingen sich einander. Sie produzieren und reproduzieren einander. Um auf das Beispiel der Klimakatastrophe zurück zu kommen: sie hat eindeutige Auswirkungen auf das lokale Geschehen, während die zwischenmenschlichen Interaktionen im Lokalen das Klima mit beeinflussen.

Globale Prozesse finden daher nicht nur bei Politgipfeln oder in großen, kosmopolitischen Städten statt, sondern auch im Dorf, in der Nachbarschaft, am Arbeitsplatz oder bei uns zuhause. Das Globale ist dort präsent wo Prozesse auf globaler Ebene, in realen Kontexten – im Leben der Menschen – sichtbar werden. Was ein Thema oder einen Prozess global macht, sind die Fragen, die wir stellen – die Fragen, die die globale Dimension offenbaren. Was oberflächlich betrachtet wie ein „kleines“ oder lokales Thema erscheint, ist meistens auch ein globales Thema.

 

Autorin: Mara Zöller – STUBE Referentin

 

Quellen:

  1. Eve Darian-Smith und Philip C. McCarty beschreiben in ihrem Buch „The Global Turn – Theories, research designs, and methods for global studies“
  2. bpb – Das Politiklexikon, „Nationalstaat“
  3. bpb – „Nationalbewegung/ Nationalstaat“ von Gerd Schneider / Christiane Toyka-Seid

    Grafik ist von Autorin selbst gestaltet – in Anlehnung an Grafik aus „The Global Turn“ von Eve Darian-Smith und Philip C. McCarty